Montag, 6. Juli 2009

Victorian Bushfires February 2009

Als ich vergangenen Februar nach meiner 10 woechigen Reise nach Melbourne zurueck gekehrt bin, tobten im Bundesstaat Victoria aufgrund der anhaltenden Hitze verheerende Buschfeuer. Die Bilder der Tragoedie gingen um die Welt und damals erhielt ich von euch unzaehlige Emails mit der Frage, wie es mir hier ginge, inwiefern ich betroffen waere. Meine Antwort war immer dieselbe: "Ich sehe die Bilder in den Nachrichten, ich hoere Updates im Radio, es scheint schlimm zu sein, aber direkt bekomme ich von den Geschehnissen so gut wie gar nichts mit."

Zu dieser Zeit gingen in Australien die Sommerferien zu Ende. Waehrend alles um Melbourne in Flammen zu stehen schien, wurde es im Village laut und lebendig, alles lachte, tanzte und trank wie eh und je. Ganz selten schnappte ich in einem Gespraech einen Satz ueber die Feuer auf, ein zwei Mal war jemand auf Abruf, um wenn noetig der Familie beim Kampf um das Zuhause zu Hilfe zu eilen, ansonsten schien alles zu sein wie immer.

Vergangenen Samstag besuchten Matt und ich wieder dessen Familie in Yea und durchquerten auf dem Weg dorthin einige jener Gebiete, die von den Feuern besonders stark betroffen waren. Und waehrend Matt wie alle Aussies bisher nie viele Worte ueber jene Zeit im Februar verloren hatte, begann er auf dieser Fahrt auf ein Mal zu erzaehlen; und was er zu erzaehlen hatte, laesst mir noch immer kalte Schauer ueber den Ruecken laufen. Ich muss zugeben, ich hatte keine Ahnung, was Victoria im Februar durchmachen musste, was viele meiner Freunde im Village durchmachen mussten, was Matt durchmachen musste, nur wenige Tage, bevor ich ihn im Village kennenlernte.
Und weil ich mir vorstellen kann, dass es vielen von euch aehnlich geht, dass ihr vielleicht die Bedeutung jener Schreckensmeldungen vergangenen Februar ebenso wenig erfassen konntet wie ich bisher, moechte ich hier mit euch teilen, was Matt mir erzaehlt hat.


Zuerst ein paar Fakten: Besonders schlimm erwischten die Feuer die Stadt Kinglake, etwa eine halbe Stunde von Yea. In jener Gegend wurden ueber 330,000 ha Land zerstoert, ueber 1,000 Gebaeude dem Erboden gleich gemacht, 159 Menschen verloren ihr Leben. Die Feuerfront bewegte sich mit einer Geschwingkeit von ueber 100 Stundenkilometern, die Flammen waren so heiss, dass Glas und Metall zu Pfuetzen verschmolzen. Freunde von Matts Familie (die wie Viele ihr Haus und ihre gesamten Besitztuemer verloren) hatten im Garten einen grossen Frachtschiffcontainer stehen und alles was davon uebrig blieb war eine Blase aus geschmolzenem Stahl.

Einer von Matts Freunden war als Firefighter in Kinglake taetig. Angesichts der grausamen Feuersbrunst blieb der Mannschaft irgendwann nichts anderes uebrig als schleunigst die Flucht zu ergreifen. Waehrend sie selbst um ihr Leben fuhren, liefen neben dem Einsatzwagen Menschen her, die bei lebendigem Leibe verbrannten, nicht nur einer oder zwei, sondern unzaehlige. Ihnen zu helfen war unmoeglich.

Matt selbst beging den 7. Februar, jenen Tag, an dem er fast sein Zuhause verlieren sollte, vollkommen ahnungslos. Am Morgen fuhr er mit einem Freund im Auto und beide waren erstaunt festzustellen, dass sich vor einer Tankstelle ein Stau gebildet hatte ... hunderte von Menschen trafen Vorbereitungen, machten sich bereit zur Flucht. Die beiden machten noch Witze ueber die Hysterie der Leute, als ganz ploetzlich der Wind Rauch ueber die Stadt trieb. Von einem Moment auf den anderen war alles um sie herum Nebel, die Sicht reichte nur noch ein paar Meter, der stechende Geruch war unertraeglich. Und dann begann der Horizont sich zu verfaerben ... innerhalb kuerzester Zeit war der Himmel zu zwei Seiten der Stadt blutrot.
Matt, wie jeder, der dieses schaurige Szenario beobachtet hatte, ging in diesem Moment davon aus, dass die Flammen unmittelbar vor den Toren der Stadt standen, dass sie in weniger als 10 Minuten alles um ihn herum verschlingen wuerden.
Seine Familie versammelte sich, um wegzufahren, Distanz zu gewinnen, zu einem Feuer, das mit rasender Geschwindigkeit naeher zu kommen schien. Aber jemand fehlte: Matts Dad war nicht gekommen, war nicht erreichbar, unauffindbar, auf Strassen, in denen langsam das Choas ausbrach, alles voller Autos und Menschen war. Geschrei. Und ueberall Rauch.

Es stellte sich schnell heraus, dass ein verlassen der Stadt ohnehin unmoeglich war, alle Strassen waren gesperrt, den Zurueckgebliebenen blieb nichts anderes uebrig, als zu warten. Auf Zerstoerung, vielleicht den Tod.

Ich fragte Matt, ob es denn keine Warnungen gegeben hatte. Nein, nichts.

Ob niemand da war, der den Leuten sagen konnte, was zu tun war, und wie nahe die Feuer waren. Nein, die Kommunikation war an diesem Tag vollkommen zusammen gebrochen.


Die Zeit verging, und Yea blieb wie durch ein Wunder verschont.


Familie und viele Freunde versammelten sich im Haus von Matts Mum, verfolgten die Geschehnisse, warteten auf Neuigkeiten. Gekommen waren unter anderem waren einige Freunde seiner Schwester Miranda, Maedels und Burschen im Alter von 15 und 16 Jahren, die an diesem Abend zusammen erfahren mussten, dass einer ihrer besten Freunde in den Flammen ums Leben gekommen war, verbrannt bei dem vergeblichen Versuch seine kleine Schwester aus dem Haus zu retten ...


So sah fuer Matt der Himmel aus, als er meinte ihm blieben nur noch wenige Minuten:






Chaos auf allen Strassen, geschmolzenes Metall und Glas:



Eine ganze Stadt wurde dem Erdboden gleich gemacht:


Und so sieht die Gegend heute aus, die Natur beginnt langsam sich zu erholen: